Jetzt handeln – nicht mähen! MAZ berichtet

Eichenschößling
Eichenschößling

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Stadtförster Martin Schmitt kommentiert! Siehe unten!

MAZ am 27.10.2022:

Kampf um den Nachwuchs der Alleebäume: Junge Eichen sollen vorm Abmähen bewahrt werden

Lutz Pahl an einer gekennzeichneten Eiche an der B246 bei Reesdorf. Bei einer Aktion wurden dort etwa 30 Jungbäume markiert, um sie vor der Mähmaschine zu bewahren. Pahl ist einer der beiden Vorsitzenden des Blühstreifen-Vereins und Mitglied der Beelitzer Grünen.
Foto: Jens Steglich

An der B 246 kämpfen Baumfreunde um Eichen. Es geht nicht um große, alte Bäume. Diese Mini-Straßenbäume sind jung und wild und hatten bisher keine Überlebenschance. Bei Reesdorf trägt der Nachwuchs der Alleebäume nun Flatterbänder und Schilder – als Schutz vor Mähmaschinen.

Jens Steglich

Jens Steglich

26.10.2022, 20:18 Uhr

Beelitz. Aktivisten des Beelitzer Blühstreifen-Vereins und der grüne Ortsverband kämpfen um den Erhalt von Eichen an der B246 und der B2. Es geht in dem Fall nicht um große, 300 Jahre alte Bäume. Die Eichen, die vor einer „Fällung“ bewahrt werden sollen, sind vielleicht ein halbes Jahr alt und kaum zu erkennen.

Mit Flatterband und Schild gekennzeichnet

Weil sie leicht zu übersehen sind, haben Baumfreunde sie an der B246 bei Reesdorf mit Bambusstöcken, Flatterbändern und Schildern sichtbar gemacht. Auf den Schildern steht: „Wenn ich groß bin, werd’ ich ein Alleebaum. Bitte lasst mich wachsen!“ Die Bitte ist an die Mähmaschinen-Fahrer der Straßenbetriebe gerichtet, die regelmäßig die Wiesen am Fahrbahnrand und auch hinter den Leitplanken mähen und dabei den Nachwuchs der Alleebäume mit absäbeln.

Nicht gepflanzt: Bäume wachsen von allein

„Hier wachsen Eichen von allein und werden abgemäht“, sagt Lutz Pahl. Es ist der Nachwuchs der großen Alleebäume, „der stehen bleiben sollte, damit auch die Alleen erhalten bleiben“, sagt der Buchholzer und fügt hinzu: „Wenn die alten Bäume eines Tages aus Verkehrssicherheitsgründen gefällt werden, wird dann mit hohem finanziellen Aufwand nachgepflanzt.“ Pahl schätzt, dass ein Baum aus der Baumschule samt Anwuchspflege 1000 Euro und mehr kostet. Dann sei aber immer noch die Frage offen, „ob diese Baumschulen-Exemplare überhaupt gut anwachsen“.

Kostenfrei und an den Standort gewöhnt

Die kleinen Eichen, die jetzt an der B 246 und an der B2 aus der Erde schauen, „sind an den Standort gewöhnt und komplett kostenfrei“. Durch die Mäharbeiten werde indes dieses kostenfreie Alleebaumprogramm der Natur „kaputt gemacht“. Pahl fordert: „Lasst den Alleebaumnachwuchs wachsen. So preiswert kriegt man es nicht wieder.“

Betroffen sind Alleen an B2 und B246

Die Idee, den Nachwuchs mit Flatterbändern und Schildern sichtbar zu machen, hatte Marc Rosenthal. Er fährt regelmäßig mit dem Rad von Schäpe nach Beelitz. Dabei fiel ihm auf, dass hinter den Leitplanken trotz Hitze und Trockenheit erstaunlich viele junge Eichen wachsen – bis sie abgemäht werden. Laut Pahl sind etwa die Alleen an der B2 zwischen Beelitz und Abzweig Elsholz und an der B 246 zwischen Schäpe und Beelitz betroffen. „Die Vermutung liegt nahe, dass es auch woanders passiert“, sagt er.

Aufruf an alle Ortsverbände

Die Beelitzer Grünen haben alle Ortsverbände aufgerufen, dem Beispiel zu folgen und künftige Alleebäume im jeweiligen Einzugsgebiet zu kennzeichnen – so wie die Eichen an der B 246 bei Reesdorf. Das Ergebnis dort: Die Mini-Bäume stehen noch. „Unser Ziel ist, sie solange vor den Mähapparaten zu bewahren, bis sie so groß sind, dass man sie nicht übersehen kann und so dick, dass sie nicht mehr gemäht werden können“, sagt Pahl.

Wie an einer Schnur aufgereiht

Er weiß: Nicht alle jungen Eichen an der B246 können so groß werden wie ihre Eltern. Dafür fehlt an mancher Stelle der Platz. Trotzdem: „Der Streifen zwischen Straße und Radweg muss nicht gemäht. Oder die Mähwerke werden anders eingestellt, um die Bäume zu verschonen.“ Etwas später könne man die rausnehmen, „für die es zu eng wird.“

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Stehen bleiben sollten junge Eichen, die an der Aufwuchslinie der alten Bäume wachsen. An der Allee bei Reesdorf stehen kleine Eichen, als wären sie wie an einer Schnur gepflanzt worden. Für Pahl sind das die natürlichen Nachfolger der alten Alleebäume.

Hohe Wiese und die Gefahr durch Tiere

Frank Schmidt vom Landesstraßenbetrieb sieht das anders. „Es gehört dazu, den Bereich hinter den Leitplanken mit zu mähen. Dort befinden sich auch die Mulden für die Regenentwässerung, die müssen wir pflegen“, sagt er. Und: „Wenn man die Wiesen zu hoch werden lässt, ist das Risiko größer, dass Rückzugsorte für Tiere entstehen und die Tiere auf die Straße rennen.“ Wildgewachsene Bäume an der Straße müssten später genauso gepflegt und beschnitten werden.

Landesbetrieb pflanzt Bäume mit größerem Umfang

Der Landesstraßenbetrieb pflanze in der Regel Bäume nach, die schon einen Stammumfang von 16 bis 20 Zentimetern haben, so Schmidt. Für Straßenbäume gelten andere Anforderungen, sagt er. Um sie abzuhärten, würden sie vorher mehrmals umgesetzt. Man vertraue da den Fachleuten aus den Baumschulen. Ob wilde oder angepflanzte Bäume besser anwachsen, „ist am Ende eine Glaubensfrage“, sagt er.

Natur könnte Lücken in Alleen schließen

Pahl vertraut der Natur mehr. „Brandenburg ist berühmt für seine Alleen“, sagt er. „Es gibt inzwischen aber große Lücken in den Alleen, die die Natur schließen würde, wenn man sie ließe.“

Martin Schmitt, Stadtförster in Beelitz kommentiert in einem E-Mail an den Landesbetrieb Straßenwesen:

Gesendet: Donnerstag, 27. Oktober 2022 09:30
An: ‚Frank.Schmidt‘
Betreff: Eichenalleen

Sehr geehrter Herr Schmidt,

ich habe heute den Artikel in der MAZ zum Thema Alleen gelesen.

Leider muss ich ihren Auffassungen widersprechen. Ich arbeite seit knapp 20 Jahren als Förster im Stadtwald Beelitz und jeder Förster weiß eigentlich, dass Eichen entweder gesät oder als kleinste Sortimente (1 jährige) gepflanzt werden müssen.

Eine 1-jährige Eiche, ein Sämling, hat eine Sprosslänge von vlt. 10 cm, aber schon eine Pfahlwurzel von 15-20 cm. Diese Wurzel ist der Lebensnerv und ist Elementar für die Wasserversorgung des Baumes verantwortlich. Um in Baumschulen die Bäume groß zu ziehen und sie technisch zu bewirtschaften, wird die Pfahlwurzel unterschnitten und damit zerstört, ansonsten wäre der Baum nicht mehr transportfähig. Jedoch bildet der Baum keine neue Pfahlwurzel mit den gleichen Eigenschaften wie eine natürliche Wurzelentwicklung. Wie wir alle wissen, wird das zur Verfügung stehende Wasser der limitierende Faktor für das vitale Wachstum unserer Bäume werden. Die Eichenkomplexkrankheit ist genau auf dieses Problem unsachgemäßer Pflanzung und vor allem Pflanzmaterial zurück zu führen. Damit Waldbäume zukünftig im Klimawandel vital bleiben und den sinkenden Grundwasserständen hinterherkommen, ist diese Pfahlwurzel lebensnotwendig, ansonsten wird der Baum nur mit aufwändiger Bewässerung zu halten sein, bzw. kurz nach dem Einstellen der Anwuchspflege wegen Trockenheit eingehen.

Natürlich argumentieren Baumschulen anders, da dies ihre Wirtschaftsgrundlage ist und bei vielen Bäumen mag dies auch richtig sein, jedoch ist dies bei dem Waldbaum Eiche wegen der Pfahlwurzel und der Ringporigkeit genau falsch!

Ich kann ihnen nur empfehlen, diesen Rat Naturverjüngung in ihr Alleenkonzept zu folgen. Vor allem auch unter dem Kostenfaktor, da ihnen die Naturverjüngung nichts kostest und große Bäume aus der Baumschule letztendlich durch uns Steuerzahler finanziert werden müssen und

unter den massiv veränderten Klimabedingungen keine lange Lebenszeit haben werden.

Für Nachfragen stehe ich ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruß

Martin Schmitt

    Dipl. Ing. Forst Martin Schmitt Geschäftsführer Märker-Forst-Service GmbH   www.maerkerforst.de
Beitrag auf „gruene-beelitz.de“ vom 29.7.2022:

Trotz der anhaltenden Trockenheit wachsen entlang der Alleen neue Eichenschößlinge.

Wenn ich groß bin
Wenn ich groß bin, werd‘ ich eine stattliche Eiche

Wenn sie nicht abgemäht werden, wachsen ohne Neupflanzungen Alleebäume, ganz von allein.

Der OV Beelitz von B90/Die Grünen hat in einer Aktion entlang der B 246 zwischen Schäpe und Beelitz junge Eichenschößlinge gekennzeichnet, um sie vor dem Abmähen zu bewahren.

Eichenschößling B246
Eichenschößling B246

Wir rufen alle Ortsverbände auf, sich an unserer Challenge zu beteiligen: Kennzeichnet in Eurem Einzugsgebiet alle künftigen Alleebäume! Der Sieger erhält einen Preis.

Auch in der Öffentlichkeit gewinnt das Thema zunehmend Interesse. Vor einigen Tagen sendete der RBB einen Beitrag, den wir hier gerne verlinken:

//www.rbb24.de/content/rbb/r24/politik/beitrag/2022/09/alleen-brandenburg-linke-fordert-mehr-schutzmassnahmen.htmlke-fordert-mehr-schutzmassnahmen.html

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