Ernst Paul Dörfler steht vor dem niedrigen Wasserstand am Seddiner See

Ernst Paul Dörfler steht vor dem niedrigen Wasserstand am Seddiner See

Jeder kann etwas tun

Auf einen Spaziergang mit Ernst Paul Dörfler am Seddiner See

Ortstermin am 25. September 2022 am Seddiner See. Über 20 neugierige Gäste waren zu Fuß, per Fahrrad und Auto an diesem sonnigen Herbstnachmittag zum Findlingsgarten in Kähnsdorf gekommen. Der Ortsverband Beelitz und Seddiner See hatte den Autor Ernst Paul Dörfler eingeladen, sein aktuelles Buch „Aufs Land. Wege aus Klimakrise, Monokultur und Konsumzwang“ vorzustellen. Doch hier war keine klassische Buchlesung geplant – Gäste und Autor kamen in lockerer Runde und beim Spaziergang miteinander ins Gespräch. Dörfler selbst reiste mit Zug und Fahrrad an und hatte schon ein erfrischendes Bad im Seddiner See hinter sich.

Nach einem kurzen Kennenlernen vor dem Findlingsgarten wurde gleich klar: Hier sind interessierte und engagierte Bürgerinnen und Bürger mit viel Vorwissen gekommen. So waren u.a. Ortsvorsteher der umliegenden Dörfer, Vertreter des Fördervereins Seddiner See e.V., des BUND Brandenburg, des Naturparks Hoher Fläming sowie Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen aus verschiedenen Ortsverbänden und aus dem Kreistag in Potsdam-Mittelmark anwesend.

Wasserkrise – wo kommt sie her?

Zu Beginn las und referierte Ernst Paul Dörfler im Findlingsgarten zu den Ursachen der aktuellen Wasserkrise. So ordnete er die Entwicklung des Seddiner Sees in einen größeren Kontext ein. Der Klimawandel mit den sich ändernden Niederschlägen war ebenso Thema wie Eingriffe des Menschen in die Landschaft. Sie haben in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass kaum noch natürliche Wasserspeicher übrig sind. Fast 90 % der Moore in Deutschland wurden entwässert, Auen zurückgedrängt, Böden versiegelt oder in ihrer Zusammensetzung stark verändert. Die Folge: unsere Landschaften haben kaum noch Puffer, um trockene Zeiten auszugleichen.

Die Auswirkungen der Krise

Die trockenen Jahre seit 2018 haben zum Absterben vieler Bäume, Austrocknung von Grünland, zu teilweise verheerenden Bränden, zum Versiegen von Bächen und dem Absenken des Grundwasserniveaus geführt. Auch der Wasserstand des Seddiner Sees ist wie der vieler Flachwasserseen in Brandenburg merklich gesunken. Im Vergleich zu 1970 liegt der Wasserspiegel heute um 1,75 m tiefer.

Wo einmal Seegrund war, wachsen heute Kräuter, Stauden und erste Bäumchen.

Laut Ernst Paul Dörfler ist auch die schlechte Wasserqualität ein Teil der aktuellen Wasserkrise. Als Hauptursache gilt der erhöhte Eintrag von Nährstoffen in unser Wasser. Die Nährstoffe gelangen einerseits über die Luft ins Wasser, d.h. durch Schadstoffe und Abgase aus dem Verkehrssektor. Zum anderen gelangen überschüssige Düngemittel und Pestizide vorrangig aus der konventionellen Landwirtschaft in Flüsse, Seen und in das Grundwasser. Von den ausgebrachten Düngemitteln werden nur etwa die Hälfte von den Pflanzen auf dem Acker aufgenommen. Der Rest wandert in unsere Gewässer.

Was brauchen wir, um die Situation zu ändern?

Ernst Paul Dörfler lässt die Gäste aber nicht in der Dystopie zurück, sondern betont immer wieder die hoffnungsvollen Entwicklungen und Chancen unserer Zeit. Die sieht er sowohl auf den verschiedenen politischen Ebenen als auch im Umdenken und Engagement vieler Menschen vor Ort. Mut macht ihm zum Beispiel das Programm der Bundesumweltministerin Steffi Lemke, die mit über 4 Milliarden Euro ein Zeitalter der Renaturierung einläuten möchte, nicht nur für die Moore. Mit der angestrebten Agrarwende und dem Ziel bis 2030 auf 30% der deutschen Landwirtschaftsfläche ökologisch zu wirtschaften geht die Bundespolitik – so Dörfler – in die richtige Richtung. Produkte so lokal und naturverträglich wie möglich erzeugen, das spart Transportwege, Energie und reduziert gleichzeitig Emissionen. Dafür braucht es natürlich gute Konzepte und gut informierte Konsumenten. Spätestens hier ging die Buchvorstellung in einen angeregten Gedankenaustausch mit dem Publikum über, in der immer wieder die Situation rund um den Seddiner See genauer beleuchtet wurde.

Gedankenaustausch in lockerer Runde

Was kann eine Kommune tun?

Vom großen Ganzen zur Kommunalpolitik: Auch hier, so Dörfler, werden wichtige Weichen gestellt, die entscheidend dazu beitragen, wie viel Wasser in der Landschaft gehalten wird und welche Wasserqualität uns zur Verfügung steht. Die Teilnehmenden diskutierten lebhaft zu den Themen Waldumbau, nachhaltige Landwirtschaft, Änderungen bei der Gewässerbewirtschaftung, Wasser- und Abwasserpreis sowie Bewässerung von Gärten, Straßenbäumen und Grünflächen. Zukünftig sollen bei der Planung von Wohn- und Gewerbegebieten die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt konsequent mit gedacht werden. Einige Anwesende beklagten immer wieder die mangelnde Umsetzung bereits bestehender Umweltgesetze und Festsetzungen der Kommunen z.B. in Bebauungsplänen. Das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, die Mitarbeit in lokalen Initiativen, Ortsbeiräten, Ausschüssen und Parlamenten ist unersetzlich, um Entscheidungsträger all diese Punkte immer wieder zu verdeutlichen.

Viele Puzzleteile spielen beim lokalen Wassermanagement eine Rolle. Die Diskussion dreht sich um Wasserpreise, Wassernutzungsvorschriften für Bürger, Abwasserzweckverbände und geht bis zur Entkrautung von Entwässerungsgräben

Vom Glück und vielen kleinen Schritten in die richtige Richtung

Zum Schluss nahm Ernst Paul Dörfler noch das Individuum selbst in den Blick und zitiert die Glücksforschung. Unser Konsum ist Quelle enormer Emissionen, verbraucht viel Wasser und Ressourcen und produziert zudem viel Müll. Aber wie viel Konsum macht eigentlich glücklich? Statistisch steigt das Glücksniveau in Deutschland seit Jahren nicht mehr, obwohl den Menschen mehr Geld zum Konsumieren zur Verfügung steht. Dörfler ist überzeugt – und lebt es selbst – ein Weniger in manchen Bereichen unseres Lebens führt zu einem Mehr an Gesundheit, Wohlbefinden und trägt entscheidend zu einer gesünderen Umwelt bei. Die meisten Teilnehmenden gingen sicher mit der befriedigenden Botschaft aus der Veranstaltung: Jeder kann etwas tun.

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